MATADORE und EUTHANASTEN


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A l f r e d R a c h a l s k i

M A T A D O R E
u n d
E U T H A N A S T E N
Ein Interview mit dem Autor geführt von Rafael Derfla,
ergänzt mit
Klassifikation des Begriffs THANASE

Titel der Originalausgabe: MATADORZY I EUTANASCI

Copyright (C) by Alfred Rachalski & Wydawnictwo Marabut Gdañsk 1997
Umschlagmotiv: Zeichnung von Pablo Picasso
Aus dem Polnischen übersetzt von Gabriela ¯elewska

Mit Andenken an Bob Dent aus Australien,
den ersten legalen Euthanasten,
September 1996,


Andrzej Domaszewicz

      R.D.: In Polen kann man heute ein wachsendes Interesse für Euthanasie bemerken. Wie erklären Sie das?

      A.R. Na ja. Alles vergeht. Diese Zeiten, in denen man einen missglückten Selbstmörder in der Majestät des Gesetzes zur Todesstrafe verurteilte, sind vorbei. Diese Zeiten, in denen mein Onkel A. Domaszewicz, Arzt von Beruf, der im Alter von 70 Jahren die Autoeuthanasie durchgeführt hat (es war in itauen, in Poniewie¿e, i m Jahre 1 935), am Friedhofzaun, in der sogenannten ungeweihten Erde, begraben wurde. (Friedhöfe in Litauen standen damals unter der Herrschaft des Klerus).
      Die Zeit vergeht. Zum Bewußtsein der Polen gelangen die Nachrichten nicht aus dem Jenseits, sondern aus Frankreich, Holland, Deutschland, Australien und den USA, wo sich die Ansichten über Euthanasie wechseln. Ich selbst bin schon seit einigen zehn Jahren Mitglied von zwei ausländischen Gesellschaften, die für das Recht des Menschen auf einen würdigen Tod, kämpfen. In Frankreich – Association pour le Droit de Mourir dans la Dignité. In Deutschland – Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben.



      R.D. Informationen zu den hier besprochenen Erscheinungen findet man im Fernsehen, Rundfunk, in der polnischen Presse. Das Problem der Euthanasie wird auch manchmal während der in den Hochschulen organisierten Diskussionen besprochen.

      A.R. Ja, ich war im Frühling dieses Jahres Teilnehmer eines solchen Kongresses, an einer Medizinischen Akademie. An dieser Versammlung haben Philosophen, Ärzte, Rechtsanwälte, Theologen teilgenommen. Die Ärzte, mit Ausnahme von einem, haben sich alle gegen die Euthanasie erklärt: sie beriefen sich auf die Autoritäten und Kodexe. Die Autoritäten verschweige ich, das Monopol darauf haben die indoktrinierten Dummköpfe und Hypokriten. Weiß angestrichene Gräber, voll von Unrat - wie Jesus diese letzten nannte.
      Was die Kodexe betrifft: es gibt viele. Von denen, die Verordnungen zum Thema: Töten enthalten, erwähne ich die jenigen, die in Polen, wenigstens vom Titel her, bekannt sind: Kodexe von Hammurabi, Moses, Hippokrates, Justinian, Mohammed, Napoleon, Boziewicz (sog. Ehrenkodex).
      Die Ärzte beriefen sich in dieser Versammlung, und zwar ein wenig selektiv, auf zwei Kodexe. Vom Moses-Kodex führten sie das in seine Bücher eingeflochtene Dekalogverbot des Tötens an, wobei sie einige zehn Stellen verschwiegen, wo das Töten direkt oder indirekt geboten wird. Mit pathetischem Ernst zitierten sie Fragmente des Hippokrates-Kodexes, wobei sie darüber hinweggingen, dass "Hippokrates der Meinung war, dass das Gehirn nur eine Art des gefühllosen, kalten Schwammes ist, dessen einzige Aufgabe die Schleimabsonderung zum Abkühlen des heißen Herzens ist." (Hoimar von Ditfurth: Der Geist fiel nicht vom Himmel). Sie zitierten jedoch nicht dieses Fragment des Hippokratischen Eides, in dem er sich verpflichtet: "Ich werde ganz bestimmt die an Stein leidenden Kranken nicht operieren". Und ich freue mich darüber, dass die mich wegen Steins operierenden Ärzte das missachteten, was sie früher geschworen hatten.
      Ich verstehe jedoch viele polnische Ärzte, die die Euthanasie bekämpfen. Für die Philosophen, Juristen, Theologen sind das (wie im Märchen von Jachowicz) nur Wortspielereien. Bei den Ärzten geht es jedoch ums Leben – ums Berufsleben, das durch die sich heute verbreitenden Ansichten und Denkgewohnheiten bedroht ist.

      R.D.: Und noch eine Frage. Sie haben die Euthanasie als das Töten eines Menschen von einem anderen Menschen zum Besten des Getöteten definiert. Es kommt doch vor, dass der Ulan für sein Pferd, das ein Bein bricht, mit der Patrone nicht kargt. Ist das auch eine Form der Euthanasie?

      A.R. Ja, Natürlich. Ich beschränkte mich im Gespräch über Euthanasie nur auf Menschen als Gattung, um die Überlegungen darüber zu erleichtern. Ich glaube jedoch, dass sich qualitativ nichts daran ändert, wenn wir die Menschengattung durch die Menge: "Mensch und Tier" ersetzen. Dann kommt es jedoch zu einer quantitativen Veränderung im Verhältnis der Zahl von Euthanasten zur Zahl von Matadoren: es wird dann praktisch gleich null betragen, und nicht, wie ich früher eingeschätzt habe, eins zu hunderttausend. Ich muss gestehen, dass ich selbst mit großem Appetit ein saftiges Beefsteak mit Zwiebeln esse...

      R.D.: Jetzt also möchte ich Ihnen ein Fragment aus Den Tagebüchern* von Witold Gombrowicz zitieren.
Gestern abend kam ein Nachbar angefahren, Tadeusz Czerwiñski, und begann auf der Stelle etwas zu erzählen, doch wir hörten uns nicht recht hinein, erst langsam begann es sich zu umreißen... Die Windhunde Dus's (endlich verstanden wir) waren auf das Feld Garanios hinausgejagt und hatten sich auf ein Schwein gestürzt. Garanio lief mit einer Doppelflinte hinaus, tötete einen Windhund, einen anderen schoss er an – der Rest war davongeflohen. Ich gebe nur den Kern des Berichtes wieder, der reich an Verästelungen war wie ein Baum.
      Dus stürzte mit einer Laterne auf die Terrasse hinaus, und die gelblichen Windhunde erhoben sich wie immer bei seinem Anblick und umringten ihn. Ihre demütige Liebe ist rührend. Aber es waren ihrer nur fünf – es fehlte Step und ein junger, nach Saëta.
      Die dreizehnjährige Andrea verfiel in Weinen. Über allem herrschte aber Dus's Klage, emporklingend wie der Gesang Isoldens – er hätte für Step die geliebtesten Pferde hingegeben. Er hatte ein gebrochenes Gesicht – und es war dies ein auf sonderbare Art geschwächtes Gesicht wie das eines kleinen Kindes – geschwächt vielleicht von der Geringfügigkeit dieser Verzweiflung, wegen eines Hundes nur... für die er von uns keine volle Anerkennung verlangen konnte.
      Er holte einen Revolver aus der Schublade – schwang sich auf ein Pferd – ein Galopp entführte ihn in die Nacht – wir warteten, beunruhigt und ratlos angesichts seines Zorns, der auf den Feldern verscholl, dahingetragen vom Pferd. Ob er wohl Garanio töten wird für das Erschießen eines Hundes? Nun, so schlecht endete es nicht. Dus zur Estanzia Garanios gelangt und dessen Hunde erblickend, wollte auf sie schießen – doch der Estanziero kam herausgestürzt und begann, um Entschuldigung zu bitten, zu erklären, er habe in Verteidigung der Muttersau gehandelt, welche die Hunde zu Tode gebissen haben würden. Also legte sich der Zorn des armen Dus, und es blieb nur die Trauer um den allertreuesten Hund. – Warum haben Sie mir das angetan? – fragte er. Ich bin doch immer ein guter Nachbar gewesen. Er ritt davon. Begann, in der Nacht den Körper zu suchen. Er fand ihn. Es stellte sich heraus, dass Step noch am Leben war. Im Gebüsch verkrochen, war er am Verrecken. Man brachte ihn auf einem jener wunderlichen Schlitten, mit denen man hier auf der Erde herumfährt wie auf Schnee.
      Dus, Jacek Debicki, Fräulein Jeanne und ich gingen in den Stall – dort lag der Hund schwer atmend und von Zuckungen geschüttelt. Beratung: ihm die Qualen verkürzen? Die Qualen waren entsetzlich – und er war in ihnen eingeschlossen, uns unzugänglich, abgesondert, allein.
      Eine Szene, die mich beunruhigte: Nacht, dieser Stall, wir fast im Dunkeln über der entfesselten Teufelei des Schmerzes. In unseren Händen lag die sofortige Beendigung dieses... Es hätte genügt, zu schießen. Werden wir schießen? Wir, vier menschliche Wesen »aus einer anderen Welt«, einer höheren, vier Dämone aus der Anti-Natur, vier Anti-Hunde. Das einzige, was uns verband mit diesem Geschöpf, war das Verstehen des Schmerzes – diesen Geschmack kannten wir.
      Die Qualen verkürzen? Abstimmung. Aber dies erheischt eine detaillierte Besprechung.
      Erster Anti-Hund: Fräulein Jeanne. Schön, 20 Jahre, ihre Eltern – Multimillionäre, aus Paris nach Rom geworfen, aus Rom nach London, in die Vereinigten Staaten, durch Schiffe, Flugzeuge, erstklassige Schulen, luxuriöse Institute, ständig gewechselte, aus denen sie nichts davontrug außer fünf Sprachen, die sie wie ihre Muttersprache spricht. In welcher Sprache denkt sie? Sie ist luxuriös – und Kommunistin – weil luxuriös – also aus Übermaß, aus Übersättigung... Nüchtern, energisch, tüchtig – neuzeitlich und Atheistin. Sie vor diesem Hunde stehend, wurde mir bewusst, dass ja die kommunistische Gerechtigkeit ebenso wie die katholische Tiere nicht umfasst. Und die Menschlichkeit dieser Doktrin endet beim Menschen. Sie verbietet die Ausnützung des Menschen durch den Menschen – stimmt aber der Ausnützung des Tieres zu. Was – lasst uns in Klammern beifügen – nicht sehr verständlich ist. Nicht in Ordnung ist. Denn, wenn eine Religion die Tiere als Seelenlose auf den Rand hinauswirft, so gibt es für den Materialismus keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen leidender Materie und menschlicher Materie... Wie also wird sich angesichts eines leidenden Hundes Fräulein Jeanne verhalten – da ihre vernunftsgemäße Moralität hier nichts zu sagen hat? Was wird sie beginnen?
      Sie machte aus sich ein Weib! Sonderbar...im Handumdrehn entkleidete sie sich... nicht so sehr des Kommunismus', aber auch der Menschlichkeit. Sie verwandelte sich in ein Weib – verbarg sich in ihr Geschlecht... welch eine plötzliche Irruption der Sexualität in die Sphäre des Schmerzes, als ob das Geschlecht irgendeinen Rat gegen den Schmerz schaffen könnte... wurde sie zum Weib, so viel wie zur Liebe, wie zur Barmherzigkeit oder zum Mitleid. Sie beugte sich über den Hund mit mütterlicher Zärtlichkeit. Sollte sie etwa, als Weib, mehr denn als Mensch dem Schmerz gegenüber vermögen? Oder hatte sie sich deswegen in das Geschlecht vertieft, um ihrer eigenen Menschlichkeit zu entschlüpfen?
      Als sie jedoch zum Weib geworden war, schien ihr der Tod schlimmer als der Schmerz. Sie begann diesen Hund grausam zu lieben – indem sie sich für sein Leben einsetzte, sei es auch um den Preis seines Schmelzes. - Nein, nein – sagte sie, zitternd. –Tötet ihn nicht!
      Zweiter Anti-Hund aus höherer, menschlicher Sphäre. Jacek Debicki. Katholik, heiß gläubiger. Aber sein Katholizismus ist hier ebenso unverwendbar wie der Kommunismus Fräulein Jeannes. Gott hat hier ebenfalls nichts zu schaffen. Es gibt keine Erlösung für einen Hund. Daher mein Eindruck, er entziehe sich Gott, indem er sich über den Hund beugte, - er ist nun »angesichts« eines Tieres, das heißt, nicht »angesichts« Gottes. Ein völlig anderes Register seines Daseins.
Er ist »mit dem Hund«, als wenn er, auf die unsterbliche Seele verzichtend, sich mit ihm gleich machte, identisch machte in der Qual. Und ein schlechthin tierisches Grausen angesichts des Schmerzes wächst in ihm
– ein rebellisches und lästerndes. Was sehe ich aber?! Ich sehe (denn fast sah ich es, obwohl ich es eher »wusste«),
- dass er sich im anderen Register nicht um ein Jota seiner menschlich-katholischen Würde begibt, und das Grausen sich ihm hier in Mitleid verwandelt... in ein legalisiertes... zivilisiertes...gut erzogenes... ach, richtig, ich hatte vergessen, dass Gott, selber rücksichtslos gegen Tiere, es erlaubt, dass der Mensch Mitleid mit ihnen habe
– also darf er, hat er doch das »aprobatur« der Kirche! Doch die Menschlichkeit, die er in sich wiedergefunden hatte, ist keine brüderliche Sich-Vergesellschaftung mit dem Tiere, sondern eben Menschlichkeit, so viel wie das Erfühlen seines hündischen Schmerzes von hoch oben, aus der Distanz jener Seele – und daher enthält sie wiederum in sich ein Urelement der Geringschätzung und Grausamkeit. Der Entschluss, den er fassen wird, wird wohl von drei Beziehungen diktiert sein: vor allem vom tierischen Mitgefühl, einem schlechthin wilden, spontanen; zweitens von dieser schon mehr menschlichen und vergeistigten Kalkulation, dass das Leben eines Hundes, ein seelenloses, von keinem größeren Gewicht ist; drittens (ein Gedanke, der noch mehr geistig ist), dass man so schnell als möglich eine Situation beenden müsse, die für die Seele und Gott etwas peinlich ist.
-Tötet ihn – sagte er.- Er wird sich nicht hinauslecken.
      Dritter Anti-Hund. Ich. Für mich gibt es keinerlei höhere Instanz. Nicht einmal einen Hund gibt es. Vor mir ist lediglich ein Stückchen zerquälter Materie. Eine unerträgliche Sache. Ich kann es nicht aushalten. Von dieser Qual im Stall eingeschlossen, fordere ich, dem ein Ende zu machen! Töten! Töten! Diese Maschine des Schmerzes anhalten! Möge es dies nicht geben! Nichts anderes kann man machen, nur dies! Aber dies können wir!
      Vierter Anti-Hund. Dus, Agronom, Gutsherr, Jäger, Sportsmann, Pferde- und Hundejockel. Zwischen ihm und uns – völlige Dissonanz, er ist aus einer anderen Wirklichkeit. Er fürchtet den Schmerz nicht »als solchen«, wie ich. Er schaut sich nicht um nach allgemeiner Gerechtigkeit wie dieser Katholik und jene Kommunistin. Er weist Abstraktionen von sich, erfasst sie nicht, will nicht. Er existiert inmitten von Wesen aus Fleisch und Blut, ist ein Wesen unter Wesen, Körper unter Körpern. Diesen Hund hatte er liebgewonnen, also würde er ohne Skrupel vierzig Millionen Ameisen und zehn Tausend Walfische zu Qualen verurteilen... wenn dies dem Hunde Erleichterung bringen könnte. Für ein nahestehendes Geschöpf, das er kennt, bereit zu jedem Opfer – aber er will nicht alles kennen, sich nicht mit allem einlassen, er will im Kreise eines begrenzten Empfindens verbleiben. Lieber will er dies nicht sehen, was außerhalb seines Blickes liegt. Und den Hund hat er mit der Liebe des Herrn liebgewonnen – hat ihn liebgewonnen, weil ihn der Hund verehrte – er liebt in ihm diese hündliche Verehrung. Also, ein Egoismus des Herrn und Herrschers, ein aristokratisches Empfinden aus unbedingter menschlicher Überlegenheit geboren, die ganze Natur ist für ihn da, soll ihm dienen, er, indem er sich jegliches geringere Wesen unterordnet, ist der Verteiler von Gnaden. Und er erschien mir als der am meisten »Anti« von uns allen – in diesem dunklen Stall, über dem Hund, ein absoluter König der Schöpfung, der verkündet: alles für mich.
      Aber dies stimmte vielleicht am meisten überein mit der Natur. Und hätte der Hund verstehen können, ihn hätte er verstanden, uns nicht.
      Mit der Zartheit einer leidenden Mutter sagte er: - Warten wir. Vielleicht wird er leben bleiben.
      Raubtierhafte Liebe, die Quälerei verlängernd, um - für sich – einen Hund zu retten.
      Diese Szene, wie aus einem Drama, wäre nicht so voller Spannung und Dringlichkeit gewesen, wäre nicht das Röcheln gewesen und die an uns hin und her laufenden Hundeaugen.

      A.R.: Ja. Das ist ein wunderbares Beispiel, in dem sich zwei von vier Helden eines Dramas als Euthanasten der Tiere erwiesen, einer – als Egoist, und einer.. als "barmherziges" Weib. Wir sind von dem im Titel enthaltenen Thema unseres Gesprächs, d.h. Euthanasie, abgeschweift. Gemeint wird dabei – Euthanasie der Menschen. So lernten wir dank dem ulanischen Pferd mit gebrochenem Bein und dem Gombrowicz's Hund solche Fälle kennen, wo ein Pferd und ein Hund wohltätig getötet werden sollten. Auf diese Weise traf die Euthanasie auch Tiere. Es sind in der Praxis menschlicher Tätigkeit äußerst seltene Fälle. Übrigens, die Euthanasie der Menschen auch.
      Wir aber sollen weiter gehen und uns auf Matadore der Tiere konzentrieren. Diese Anregung gebe ich nicht, um uns Menschen zur Änderung angeborenes Verhaltens zu überreden, sondern um, sei es auch nur für eine Weile, uns Bewusst zu machen, worauf die Zugehörigkeit zur Gattung homo sapiens beruht.
      Wegen unserer Bedürfnisse des Leibes oder Geistes werden wir unaufhörlich Mitglieder von Jägerklubs, Kunden in Fleischgeschäften, wissenschaftliche Vivisektionäre, Vernichter von Ratten und Insekten, Züchter verschiedener Tiere, zum eigenen körperlichen oder psychischen Bedarf, obwohl auch manchmal lächerliche hinduistische Mönche, die den Weg vor den Füßen fegen, um auf eine Ameise nicht zu treten u.s.w. u.s.w. Es stellt sich heraus, dass die "Leistungen" der menschlichen Matadore an Tieren riesengroß sind. Wir sind "Herren" der Tiere. Schlachtung ist unser "natürliches" Recht. Das beweisen die Tatsachen und die heiligen oder die unheiligen Bücher. Faszinierende Gebilde des menschlichen Geistes.

      R.D.: Bleiben wir jedoch auf dieser Spur bis zum Ende und lenken unsere Aufmerksamkeit auf das Töten von Menschen. Auch in diesem Fall waren und sind immer noch die "Leistungen" der menschlichen Matadore sehr groß. Solche bewusste Tötungsfälle der Menschen von Menschen durchgeführt, weil es um diesen Prozess geht (nennen wir es, wie auch das Töten der Tiere von Menschen – Mathanasie), begleiten die Gattung homo sapiens von Anfang an bis zum heutigen Tage und das Ende dieses Unwesens wird noch nicht angekündigt. Sogar die beruflichen Verkündiger der Parole "töte nicht" an der Mathanasie teilnehmen oder die anderen dazu überreden und aufhetzen. Es reicht schon, wenn sie Platz an der "richtigen" (gerechten) Seite einnehmen. Das bedeutet an der Seite der aktuell legalen Rechtspflege, an der Seite des sog. gerechten Krieges, an dieser Seite, die alle Heiligtumsentweihungsfälle bekämpft oder zum Zwecke der sog. Notwehr einer Person, Familie, eines Stamms oder Volks handelt. Jedem sind solche Situationen bekannt, dieses Beispiel nicht zu gedenken, wo man Menschen oder menschliche Gewebe für die Kultuszwecke ausnutzt.

      A.R.: Ich gebe ein Beispiel der Situation, die im Kulturkreis eines Landes in Südamerika populär ist, wo die Unantastbarkeit des Hausstandes gilt. Ein Reisender, der die Umzäunung überschreiten möchte, muss anfangs so lange in die Hände schlagen und rufen, bis der Hausherr aus seinem Haus herauskommt und ihn in die Fazenda einlädt. Aufschriften wie z.B. "bissiger Hund" sind unnötig. Töten des nicht eingeladenen Gastes erweist sich als gerechtfertigt, also auch ungestraft. Man hat mir einmal folgendes Rätsel aufgegeben. In einer heißen Nacht schläft ein Eigentümer der Wohnung in seinem Zimmer im Erdgeschoss. Plötzlich wird er wach und sieht einen Mann, der durch das offene Fenster hineinschaut. Er greift zu der Waffe und schießt. Dann hört er einen Körper hinter das Fenster fallen. Was soll er tun, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten? Die Antwort heißt: er soll aufstehen und die Leiche ins Zimmer holen.
      Fassen wir unsere Überlegungen zusammen. Es gibt zwei Gebiete der menschlichen Aktivität, die das Töten betreffen. Das eine – riesige, ist die Mathanasie der Menschen und Tiere, das andere – winzige, ist die Euthanasie der Menschen und Tiere.

      R.D.: Wo sehen Sie die Ursache für die riesige Zahl der von den Menschen durchgeführten Mathanasien (jährlich beträgt die Zahl einige Millionen in Bezug auf die Menschen und Milliarden in Bezug auf die Tiere) bei der gleichzeitig winzigen Zahl der Euthanasien, die in dieser Zeit an Menschen und Tieren durchgeführt werden?

      A.R.: In der Macht des Egoismus und der Schwäche des Altruismus, der als Gegenteil vom Egoismus verstanden wird. Mathanasie, dieses egoistische Töten anderer Wesen zum eigenen individuellen Besten oder zum Besten der Seinigen, d.h. der Menschen, die zu einer Gemeinschaft gehören, die man für seine hält, dies ist eine seit Jahrtausenden typische Haltung der menschlichen Gattung (und nicht nur der menschlichen). Es ist ein natürliches, biologisch angeborenes, allgemeines menschliches Bedürfnis, ein Verlangen der Menschen, also ihr Beste. Egoismus ist nur eine Umschreibung, eine Benennung dieser Tatsache.
      Was die Euthanasie anbetrifft, also das nicht egoistische sondern altruistische Töten, sie ist heute noch gewöhnlich von den unbeteiligten Menschen als eine schockierende, den Widerspruch herausfordernde Anomalie betrachtet. Als eine Art Entstellung, die dem gesunden Instinkt der Erhaltung vom individuellen oder gemeinschaftlichen Leben, oder des Lebens der Gattung widerspricht. Es wäre am bequemsten über diese Anomalie nicht zu sprechen und nicht zu denken. Oder sogar ihr Dasein verneinen.
      Und wie irritierend sind Emotionen, die die Autoeuthanasie begleiten. "Man solle so was nicht tolerieren!" "Er hat uns doch selbständig verlassen!" "Er hat sich entfremdet!" "Er hat uns verraten!" "Was für eine Verachtung uns gegenüber!" "Was für ein Verrückter!" "Solle er für Ewigkeit nicht unter unseren Toten ruhen!"
      Sogar die Leute, denen die altruistischen Gefühle der Barmherzigkeit und des Mitleids nicht fremd sind, halten zurück angesichts des riesigen Drucks der egoistischen Umgebung, falls diese Gefühle die Grenzen ihrer eigenen Gesellschaft und ihre partikulären Interesse überschreiten.
      Wer kennt nicht den Preis, den in unserem Zivilisationskreis der oberste Bekenner des totalen Altruismus gegenüber allen Menschen bezahlen musste?

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