MATADORE und EUTHANASTEN


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A l f r e d     R a c h a l s k i

M A T A D O R E
u n d
E U T H A N A S T E N
Ein Interview mit dem Autor geführt von Rafael Derfla,
ergänzt mit
Klassifikation des Begriffs THANASE

Titel der Originalausgabe: MATADORZY I EUTANASCI

Copyright (C) by Alfred Rachalski & Wydawnictwo Marabut Gdañsk 1997
Umschlagmotiv: Zeichnung von Pablo Picasso
Aus dem Polnischen übersetzt von Gabriela ¯elewska

Mit Andenken an Bob Dent aus Australien,
den ersten legalen Euthanasten,
September 1996,

A N H A N G

KLASSIFIKATION VON
THANASE (Sterben) UND THANASIE (Töten)


      Sterben oder anders: THANASE ist eine sehr alltägliche Erscheinung. Es betrifft alle Leute, alle Organismen. Trotzdem ist dieses Thema voll Ängste und Mythen, es ist ein Tabuthema.

      Die Arten des Sterbens kann man auf verschiedene Weise klassifizieren. Am besten macht man es dichotomisch. So teilt man sie z.B. in das eigene und nicht eigene (fremde) Sterben, in das vollendete und in nicht vollendete, in das reale und in nicht reale (scheinbare) Sterben; unter anderem auch in das bewusste und in unbewusste, also in das beabsichtigte und in das nicht beabsichtigte Sterben.

      Die Ursachen der unbeabsichtigten Sterbefälle sind sehr verschieden, wie z B. Blitz, Lawine, Schuss, Autounfall, Auffressen durch andere Organismen, Tuberkulose, Alterung des Organismus u.s.w. u.s.w. Man erwähnt oft neben den so genannten direkten Ursachen auch die indirekten Ursachen. Die Leute sind meistens der Meinung, dass ihnen auch die indirekten Ursachen der Sterbefälle bekannt sind. So z.B. beim Blitz, sogar bei dem aus heiterem Himmel, erklärte man die Ursache als Zeus, bei der Lawine –Ankommen des Frühlings, beim Schuss – Abschießen, beim Autounfall – Glatteis, bei der Tuberkulose – Kuss des Lungenkranken, bei der Alterung – Gottes Wille.

      Eine andere Art des Sterbens bilden die beabsichtigten Sterbefälle, d.h. diese, die vom bewussten Menschen verursacht werden. Ich nehme an, dass nur der Mensch manchmal ein bewusster Organismus, ein bewusster Teilnehmer an dem Sterben ist. Das bewusste Sterben, d.h. die bewusste THANASE nennen wir Töten oder besser vom Griechischen: Thanasie. Auf hervorrufen, wie z.B. Mord, Selbstmord oder Erlösung.

      Falls ich mich auf dem Weg als betrunkener Fußgänger oder betrunkener diese Weise befreien wir uns von den Assoziationen mit den Worten, die Emotionen Autofahrer befinde, dann wird der spätere Tote kein Ergebnis des absichtlichen Sterbens sein, weil es hier keinen bewussten Täter gibt. Falls ich mich unter ein Auto werfe damit ich selbst sterbe oder falls ich jemanden bewusst umfahre, dann werde ich Thanasiegeber also THANAST sein. Damit es also eine Thanasie geben könnte, muss auch ihr bewusster Geber – THANAST auftauchen.
Anders gesagt: damit eine Thanasie vorkommt, muss das Verhältnis des Gebers zu dieser Erscheinung positiv sein. Der Geber muss das Töten wollen. Er muss die Thanasie als sein Verlangen betrachten, also als sein BESTES.

      Alle Tötungsfälle, also alle Thanasiefälle können wir mit Rücksicht auf das Verhältnis ihrer Empfänger zu dieser Erscheinung teilen. Wenn also das Verhältnis des Empfängers der Thanasie zu diesem Akt negativ ist, also einfach gesagt: wenn der Getötete die Tötung nicht will, und wenn seine eventuelle Tötung kein Bestes für ihn bedeutet, sondern sein Unglück, dann nennen wir solche Thanasie MATHANASIE . In dem anderen Fall, d.h. wenn das Verhältnis des potentiellen, bewussten Empfängers der Thanasie zu diesem Akt positiv ist, wenn er als Empfänger sich manchmal das Töten wünscht, dann - und nur dann - nennen wir diese Art der Thanasie - EUTHANASIE.

      Im Gegenteil zur Mathanasie mit ihrem positiven Geber MATHANASTEN und dem negativ gesinnten Empfänger, kann die Euthanasie altruistisch oder egoistisch sein. Neben dem positiven EUTHANASTEN – Geber, gibt es auch den positiven EUTHANASTEN – Empfänger. Dieser kann sich nach dem Besten anderer Menschen richten, indem er eine altruistische Euthanasie begeht, oder kann er sich nach seinem eigenen Besten richten indem er eine egoistische Euthanasie begeht.

      Mathanasie ist von ihrer Definition her immer egoistisch, weil sie als Ergebnis der Tätigkeit ihres einzigen Täters des Mathanasten entsteht, mit seinem Gedanken an seinem eigenen Besten, an seinem eigenen Nutzen oder an dem Nutzen der "Seinen", d.h. der Leute, die sich das Töten des Empfängers in ihrem gemeinsamen Interesse wünschen, gegen Willen des Empfängers.

      Die Antwort auf die Frage: wie groß die Zahl der "Seinen" sein kann, mit denen sich der Mathanast oft identifiziert?, heißt: theoretisch ist diese Zahl beliebig, von null bis zu der Zahl aller bewussten Menschen der Welt. Jedoch in dem zweiten Extremfall verliere der konkrete Mathanast seine Daseinsberechtigung, weil es die "Fremden", d.h. die Leute, die nicht zu seiner eigenen Gemeinschaft gehören, fehlten. Es gibt aber keine Chance für solche Situation. Mathanasten existieren immer und es fehlen ihnen nicht die Menschen, die sie als "Fremde" betrachten.

      Es können zwei Ursachen der Thanasie sein. Erstens: Erbeutung oder Verteidigung gewisser Dinge, zweitens: Loswerden oder Schutz vor diesen Dingen. Diese ersten Dinge sind erwünscht und positiv beurteilt, sie sind als das Beste betrachtet. Die anderen Dinge dagegen sind negativ bewertet, sie sind nicht erwünscht und nicht als das Beste betrachtet. Beispiele für DAS BESTE:

      Die so genannten Konsumgüter, Werkzeuge, Terrains, Stellungen in den Gemeinschaften (unter- oder übergeordnete), eigene Existenz, Existenz der "Seinen", Beweise für die Existenz nach dem Tode also für die "Unsterblichkeit" (Mumien, Sarkophage, Reliquiare, Gräber, Friedhöfe) und ihre Kopien wie: Skulpturen, Gemälde, Tonaufnahmen, schriftliche Beschreibungen und schließlich ihre verschiedene Symbole und Vorstellungen, im wachen Zustand oder im Traum.

      Beispiele für DIE MATHANASIE:

(1) Mathanasie, derer Ziel ist:
Erbeutung von Gütern für sich und für die "Seinen";
Verteidigung der Güter, die man im Besitz hat gegen die "Fremden";
Befriedigung der Neugierde;
Töten der "Fremden";
Beteiligung an den Kämpfen zwischen Personen (Wettkämpfer) oder zwischen zwei und mehreren Gruppen (Mannschaften, Stämme, Völker).

      Mathanasie ist wegen ihrer Motivation solche Thanasie, also solches Töten, bei dem nur der Geber von sich selbst und von den "Seinen" als eine wohltätige, tapfere, erobernde, gerechte, anerkennenswerte und preiswürdige Person betrachtet wird. Er wird als Erlöser, Held, Verteidiger der "Seinen", Verteidiger des Eigentums, der Ehre, des "Heiligtums des Lebens" und des Glaubens u.s.w. betrachtet. Empfänger der Mathanasie wird dagegen von dem Geber und von den Mitgliedern der Gemeinschaft des Gebers als Missetäter, als eine Person, die der Verdammung, Rache oder Strafe würdig ist, als "Fremder", Untermensch, "Hundekerl", Quäler, Aggressor, Räuber, Eroberer, Blutsauger, Andersgläubiger, Treulose, Schänder u.s.w. wahrgenommen. Also der Geber tötet den Empfänger, wobei er die ökonomischen, ethnischen, ideologischen Motivationen benutzt.

      Beispiele für die altruistische und für die egoistische EUTHANASIE:
(2) Altruistische Euthanasie d.h. Thanasie, die von einer Person an einer anderen Person, die körperlich oder psychisch leidet und direkt oder indirekt das Töten verlangt, durchgeführt wird.
(3) Egoistische Euthanasie d.h. Thanasie, die an sich selbst durchgeführt wird um sich den eigenen – körperlichen oder psychischen - Qualen entgegenzustellen
(4) Altruistische Euthanasie d.h. Autothanasie, die an sich selbst durchgeführt wird um sich den Qualen anderer Personen zu widersetzen ("lebendige Torpedos", Erlöser)

      ANMERKUNGEN

*/ Thanasie ist für ihren Geber (Thanasten) ein solches Verlangen, das alle seine anderen Verlangen überragt. Im Moment ihrer Durchführung stellt sie für den Geber das höchste Gut, den größten positiven Wert dar. Wenn es anders wäre, würde es nicht zur Thanasie kommen.

*/ Es ist bezeichnend, dass die Euthanasie eine ganz besondere Erscheinung ist und äußerst selten vorkommt. Mathanasie dagegen ist ein mehr als gewöhnliches Ereignis. Man könnte sagen: das alltägliche Brot, das in die menschliche Kondition eingeschrieben ist.

*/ Das prinzipielle Kennzeichen der Mathanasie ist ihre Einseitigkeit. Zum einzigen Ziel der Mathanasie wird Töten des Empfängers von dem Geber (Thanasten). Wenn wir also den Kampf zwischen zwei Menschen beobachten, dann sollen wir uns nicht vom Schein trügen lassen. Wir haben nicht mit einem sondern mit zwei Mathanasiefällen zu tun: mit den versuchten oder den vollendeten. Es gibt jedoch nur einen Kampf und oft schließlich nur ein Vollendetes Töten.


ZUSAMMENFASSUNG


      Es gibt zwei Varianten der Thanasie:

(1) X tötet Y womit er das Beste erweist für X – egoistische MATHANASIE
jemand jemanden sich selbst 
            
            
(2) X tötet Y womit er das Beste erweist für Y –altruistische EUTHANASIE
jemand jemanden jemanden  
            
            
(3) X tötet X womit er das Beste erweist für X – egoistische AUTOEUTHANASIE
jemand sich selbst sich selbst 
            
            
(4) X tötet X womit er das Beste erweist für Y – altruistische AUTOEUTHANASIE
jemand sich selbst jemanden 


      KOMMENTARE

      Variante (1) Ein Thanast (X) tötet einen anderen Menschen (Y), womit er das Beste für sich selbst (X) leistet. Es ist eine Variante des egoistischen Tötens. Die Zahl solcher Fälle beträgt einige Millionen jährlich. Diese Variante wird oft von den Profis realisiert. Solche Profis handeln in den Gruppen, die den Staaten oder anderen Gemeinschaften (z.B. Armee, Wache) untergeordnet sind, oder als einzelne Menschen. Zum Ziel wird hier Erobern des fremden Eigentums (Besten) für sich selbst und für die "Seinen" oder Verteidigung des eigenen Eigentums (Besten).

      Variante (2) Ein Thanast (X) tötet einen anderen Menschen (Y), womit er das Beste für diesen anderen Menschen (Y) leistet. Die Zahlenstärke dieser Variante ist nicht bekannt Sie wird z.B. aus Mitleid realisiert. Bis vor kurzem wurde sie nur inoffiziell durchgeführt, weil sie mit den aktuell geltenden Kodexen im Widerspruch steht. Vor etwa 20 Jahren begann die Euthanasieanhängerbewegung, in vielen Ländern arbeiten schon Gesellschaften der Euthanasieanhänger. In einigen Ländern ist die Euthanasie schon legalisiert worden. Von den Ärzten, die sich offen als Euthanasieanhänger erklären, sind zwei besonders bekannt: Dr. Jack Kevorkian und Dr. Christian Barnard – der erste Herztransplantator.

      Variante (3) Ein Thanast (X) tötet sich selbst (X), womit er für sich selbst (X) das Beste tut. Es ist eine Variante des egoistischen Tötens, die nicht oft vorkommt und von den fast ausschließlich allein handelnden Thanasten durchgeführt wird. Zum Ziel kann hier Vermeidung der körperlichen oder psychischen Qualen, der übernommenen Verpflichtungen, der Schande oder das frühere Kommen ins Paradies sein.

      Variante (4) Ein Thanast (X) tötet sich selbst, womit er für einem anderen Menschen (Y) das Beste tut. Es ist eine äußerst seltene Variante. Als Beispiele dafür dienen: die japanischen Kamikaze, Rajmund Kolbe (später: Pater Maksymilian Maria), Begriff von "Jesu" bei den Christen, der von ihnen als Erlöser betrachtet wird.


      DREI ATREN DER TODESANZEIGEN:

(0) ATHANASIE: Herr X wurde ohne jmdn Wunsch von seinem Leiden erlöst
(1) MATHANASIE: Herr Y wurde auf fremden Wunsch von seinem Leiden erlöst
(2), (3), (4) EUTHANASIE: Herr Z wurde auf eingenen Wunsch von seinem Leiden erlöst

-G - Geber (ich, "die Meinen"), der das Töten nicht will,
+G - Geber (ich, "die Meinen"), der das Töten will – THANAST,
-E - Empfänger (ich), der das Töten nicht will,
+E - Empfänger (ich), der das Töten will,
ALLO - Alloeuthanasie +G # +E
AUTO - Autoeuthanasie +G = +E,
eT - egoistische Thanasie
aT - altruistische Thanasie,
(1), (2), (3), (4) – Variante, vide S. 58 und 59


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